Presseschau Rechtsradikalismus

Tödliche Gesinnung

Rußlands Neonazis sind für zahlreiche Morde verantwortlich

Zwölf tote Antifa-Aktivisten in fünf Jahren – das ist ein Teil der Bilanz russischer Neonazis: Ausländer und politische Aktivisten leben in Rußland gefährlich. Sympathien für eine nationalistische Gesinnung durchdringen Teile der Bevölkerung, des Beamtenapparats und auch der Regierung. Aus Moskau berichtet Boris Schumatsky für Deutschlandradio Kultur:

Nicht nur Rechtsradikale nutzen xenophobe Stimmungen aus. Auch der Staat unterstützt sie. Die von Wladimir Putins aufgebaute »Machtvertikale«, die sich den russischen Patriotismus auf ihre Fahnen geschrieben hat, scheint eine gewisse Affinität zu Nationalisten zu besitzen.

Die Bombe mit Fragezeichen

Der Druck, das Verfahren zum Oktoberfest-Attentat wiederaufzunehmen, nimmt zum 30. Jahrestag zu
Die Bombe mit Fragezeichen
Bild von gnislew

Heute jährt sich das Attentat auf dem Münchner Oktoberfest zum dreißigsten Male. Offensichtlich an der Tat beteiligt war der Student Gundolf Köhler, der von der Bombe im Papierkorb zerrissen wurde. Doch obwohl Köhler in zahlreichen rechtsradikalen Gruppen präsent und an Wehrsportübungen beteiligt war, legten sich die Ermittlungsbehörden auf Köhler als Einzeltäter fest. Vielmehr sabotierte der bayrische Verfassungsschutzpräsident und vormalige BND-Mann Hans Georg Langemann die Ermittlungen, indem er deren Stand detailliert an die Presse gab, wodurch mögliche Mittäter gewarnt wurden.

Heute kann keine Rede davon sein, daß die Staatsanwaltschaft alle Spuren ausreichend ermittelt hat: Starke Zweifel gibt es an der Fähigkeit Köhlers, die verheerende Bombe zu bauen, unklar bleibt die Herkunft des Sprengstoffs TNT. Durch neue Methoden wie DNA-Analyse könnten neue Erkenntnisse gewonnen werden; auch wenn der Generalbundesanwalt eine Wiederaufnahme wiederholt ablehnte, wächst der Druck in den Medien und der Politik. Anstelle der Ermittlungsbehörden haben einige wenige unverzagte Journalisten wie Ulrich Chaussy und Tobias von Heymann alle Spuren verfolgt, auf deren Beiträge wir bereits verwiesen; sie haben in zahlreichen Archiven, u.a. bei der Stasi, neue Erkenntnisse gesammelt. Claudia Wangerin hat in der jungen Welt den Stand präzise zusammengefasst, die Zeitung hat zudem Tobias von Heymann interviewt. Ein umfangreiches Dossier bietet auch der Bayrische Rundfunk und sprach mit Ulrich Chaussy. Weiterlesen … »

Netze im Dunkeln

30 Jahre nach dem Oktoberfest-Attentat bleiben offene Fragen
Denkmal auf der Theresienwiese in München
Denkmal auf der Theresienwiese in München

Mit 13 Toten und 211 Verletzten ist das Oktoberfest-Attentat am 26.9.1982 der schlimmste Terroranschlag in der Geschichte der Bundesrepublik. Als einer der Täter wurde Gundolf Köhler identifiziert, der beim Zünden der Splitterbombe starb. Köhler war Mitglied der Wehrsportgruppe Hoffmann, die Teil eines Netzwerkes deutscher und internationaler rechtsradikaler Gruppen war. Dennoch legten sich die Ermittlungsbehörden schnell auf eine Einzeltäterhypothese fest. Dabei wurden zahlreiche Zeugenaussagen ignoriert und Beweisstücke nicht ausreichend ermittelt, die auf eine Zusammenarbeit mit weiteren Tätern deuten. Telepolis interviewt zum Jahrestag den Buchautor Tobias von Heyman, der im vergangenen Jahr ein umfangreiches Buch zum Attentat vorlegte. Weiterlesen … »

Sprung in die Vergangenheit

Die Wahlen in Ungarn zeichnen die politische Landkarte Ostmitteleuropas neu
Die paramilitärische Ungarische Garde (Magyar Gárda) bedroht Roma und Juden
Die paramilitärische Ungarische Garde (Magyar Gárda) bedroht Roma und Juden

Europa ignoriert, wie Ungarns neue Regierung nationalistische Brandstiftung betreibt, meint Susanne Scholl in den Salzburger Nachrichten. Das Land hatte bei den jüngsten Wahlen den größten Rechtsruck in Europa erfahren: Die rechtspopulistische Fidesz von Viktor Orban erhielt eine Zweidrittelmehrheit, mit der sie die Verfassung ändern kann, daneben erhielt die rechtsextreme Jobbikpartei 12% der Stimmen. Die neue Fidesz-Regierung erließ ein Gesetz, welches den ungarischen Minderheiten in den Nachbarländern die ungarische Staatsbürgerschaft ermöglicht; daraufhin erließ das slowakische Parlament ein Gesetz, welches ihre Staatsbürger in diesem Fall ausbürgert. Weiterlesen … »

Die neuen Populisten

Entwicklungen der Rechtsextremen in Europa
Jean-Marie Le Pen von der Front National <br/>Foto von Neno°, Flickr
Jean-Marie Le Pen von der Front National Foto von Neno°, Flickr

Auf dem internationalen Medienportal presseurope erscheint eine Serie über Rechtsextremismus. Marion Van Renterghem unterscheidet in der Le Monde verschiedene Entwicklungen: Während in Osteuropa ein klassischer Faschismus die Regel sei, habe sich im Westen ein neuer Typ des Populismus herauskristallisiert – dieser baue auf nationale und regionale Identität und versuche sich vom Begriff des Extremismus zu lösen. Vorbild sei der alpine Populismus der österreichischen FPÖ. Ein Beitrag in der Libération analysiert den Erfolg der Front National bei den französischen Kommunalwahlen.

Kampf um die Vergangenheit

Wie Neonazis an einen alten Opferkult anknüpfen
Wiederaufgebaute Dresdner Frauenkirche <br/>Foto von chop1n
Wiederaufgebaute Dresdner Frauenkirche Foto von chop1n

Das Deutschlandfunk Dossier stellte vor dem Naziaufmarsch in Dresden anlässlich des Jahrestags der Bombadierung der Stadt die historischen Hintergründe dar. Bereits die Nazipropagandisten versuchten aus dem Luftangriff Kapital zu schlagen und begründeten den Opferkult. Allerdings schloss sich die Geschichtsschreibung der DDR mit dem heraufziehenden Kalten Krieg dieser Lesart als alliiertes Kriegsverbrechen an und auch Stimmen im Westen übertrieben das Ausmaß der Angriffe. An diese Tradition können Neonazis erfolgreich anknüpfen. Die Süddeutsche Zeitung und die Tagesschau berichteten im Vorfeld über juristische Auseinandersetzungen um den Aufmarsch und die Gegenproteste, später der MDR und die BBC über deren Verlauf. Einige interessante Details finden sich auch auf der autonomen Plattform Indymedia sowie in einem Dossier der Tagesschau über Rechtsextremismus.

Rechte Renaissance

Ein Buch über den Neofaschismus in Ungarn
Plakate der ungarischen Jobbik-Partei <br/>Foto von Jo Peattie
Plakate der ungarischen Jobbik-Partei Foto von Jo Peattie

In Ungarn formiert sich mit wachsendem Erfolg eine rechtsradikale Bewegung. Ihr politischer Arm »Jobbik« wurde bei den EU-Wahlen drittstärkste Kraft. Gleichzeitig wurde mit der Ungarischen Garde eine Miliz aufgebaut, die vor allem in ländlichen Regionen auftritt.

Neben christlich-konservativen Werten steht die Bewegung für die Wiederkehr eines Großungarn in den Grenzen von vor 1919; daneben profiliert sie sich mit Aktionen gegen die Minderheit der Roma. In vielerlei Hinsicht bedient sie sich offen der Symbolik und Ideologie des Faschismus.

In der österreichischen Zeitung Die Presse ist nun ein Vorabdruck aus »Aufmarsch. Die rechte Gefahr aus Osteuropa« der beiden Autoren Gregor Mayer und Bernhard Odehnal erschienen.

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