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Die Schraube zurückdrehen

Die alten Eliten in Ägypten geben sich noch nicht geschlagen
Die Armee -- Garant der alten Ordnung? <br/>Foto von Kodak Agfa
Die Armee -- Garant der alten Ordnung? Foto von Kodak Agfa

Der Erfolg des Volksaufstandes in Ägypten ist keineswegs gesichert: Hinter den Kulissen positionieren sich die unterschiedlichen Fraktionen des alten Regimes. Bereits am vergangenen Donnerstag analysierte Jens Berger auf seinem Blog die Interessen der »Autokraten«, »Plutokraten« und »Technokraten«. Ian Black zeigte im Guardian, daß die Armee ein Interesse am Status quo hat – beherrscht sie doch große Teile der ägyptischen Wirtschaft. Peter Beaumont verdeutlicht im gleichem Medium anhand eines Erfahrungsberichtes, daß die Armee, entgegen ihrer bisherigen scheinbaren Neutralität, nun aktiv auch gegen ausländische Medienvertreter vorgeht; die Beobachtung, daß die Regierung ihre Zügel wieder straffer hält, bestätigt auch Matthias Gebauer im Spiegel. Weiterlesen … »

Basisbewegung von oben

Tea-Party-Bewegung ist vor allem Projekt einzelner Multimilliardäre

Die Tea-Party-Bewegung in den Vereinigten Staaten hat auch in der deutschen Presse Bekanntheit erlangt – meist als übliche halb ernst gemeinte Zurschaustellung amerikanischer Einfalt. Dabei ist diese Bewegung sowohl Instrument eines erbitterten Machtkampfs innerhalb der Republikanischen Partei als auch ein handfestes Phänomen der politischen Landschaft: Bewegungen die vorgeblich 'von unten' kommen, also von ganz gewöhnlichen Menschen aus der Bevölkerung angetrieben und organisiert werden, tatsächlich aber von Großindustriellen gegründet, aufgebaut und finanziert werden, also 'von oben' kommen. Dieses Prinzip gibt es grundsätzlich auch in Deutschland. Zum Beispiel die vor einigen Jahren an jeder Werbewand präsente Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM). Der Begriff ”Initiative” suggeriert dabei zusammen mit Bildern von 'ganz normalen Leuten', die Kampagne wäre ganz natürlich in der Basis entstanden, direkt in der Bevölkerung. Aber dahinter steht die Metall- und Elektroindustrie, deren Verbände die INSM von Anfang an aufgebaut haben. Weiterlesen … »

Der unterwanderte Staat

Die schleichende Auflösung des Staates in Berlusconis Italien
Macht durch Medien: Der Konzern Mediaset <br/>Foto von itBox24
Macht durch Medien: Der Konzern Mediaset Foto von itBox24

Manche Beobachter sehen die Regierung Berlusconi in Italien am Ende – doch konnte dieser sich in der Vergangenheit immer wieder aus der Affäre ziehen. Michael Busse und Marie-Rosa Bobbi produzierten im letzten Jahr die Dokumentation Diktatur des Lächelns, die das System Berlusconi beleuchtet: Die Nähe zum Rechtspopulismus, dem Neofaschismus und zur organisierten Kriminalität. Die Folge ist ein korrumpiertes politisches System. Doch diese im Ausland offensichtlichen Zusammenhänge werden in Italien durch aufwändige mediale Inszenierung der Regierung überspielt, wovon Berlusconis Medienkonzern ein Teil ist. Weiterlesen … »

Aspirin für den Präsidenten!

U-Boot-Affäre bringt Sarkozy immer weiter in Bedrängnis

Wahrscheinlich würden sich nur Historiker für den Parteispendenskandal des vormaligen Premiers und Präsidentschaftskandidaten Édouard Balladur interessieren, wenn nicht der amtierende französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy sein Finanzminister und Wahlkampfmanager gewesen wäre. Für einen U-Boot-Auftrag an das pakistanische Militär sollen Schmiergelder geflossen sein, von denen ein Teil über Tarnfirmen dem Wahlkampf Balladurs zugute kam. Leider verlor er diesen, so daß die Pakistaner nicht auf ihre Kosten kamen. Aus Rache soll dafür ein Anschlag auf französische Ingenieure verübt worden sein. Detailliert legt Rudolf Balmer Chronologie und Zusammenhänge dieser Staatsaffäre dar, die Sarkozy einige Kopfschmerzen bereiten dürfte. Die Regierung reagiert nervös, auch weil Fragen nach weiteren Rüstungsgeschäften auftauchen. Die Affäre hat das Potential, Sarkozy die Wiederwahl zu kosten und das französische politische System grundsätzlich in Frage zu stellen.

Etwas ist faul im Staate Bulgarien

Verflechtung zwischen Politik und organisierter Kriminalität

Der Übergang zahlreicher osteuropäischer Staaten vom Sozialismus zum Kapitalismus ist nicht immer sauber über die Bühne gegangen: Teils bekam das größte Stück vom Kuchen, wer seinen Finger schnell am Abzug hatte, teils haben sich Seilschaften aus den vormalig sozialistischen Sicherheitsapparaten bedient. Bulgarien ist einer der Staaten, in denen eine große Nähe von Politikern zur organisierten Kriminalität unübersehbar ist. Der deutsche Journalist Jürgen Roth hat durch seine Recherchen einige dieser Verbindungen publik gemacht, und wurde dafür prompt bedroht. Dabei gibt es durchaus Bestrebungen diese Strukturen zu bekämpfen, der Justizapparat ist allerdings entgegen europäischen Standards nicht ausreichend um Transparenz bemüht. So bleiben Akten unter Verschluß. Reinhard Jellen hat Jürgen Roth für Telepolis interviewt.

Die zweite Gesellschaft

Ein Themenabend zur italienischen Mafia
Kundgebung gegen die Ndrangheta <br/>Foto von almcalabria
Kundgebung gegen die Ndrangheta Foto von almcalabria

Ein Themenabend Das Geheimnis der Macht von ARTE beschäftigt sich mit der italienischen Mafia. Die verschiedenen Mafiaorganisationen operieren in vielen europäischen Ländern: die ermittelnden Staatsanwälte kritisieren, daß die internationalen Verstrickungen nicht wahrgenommen werden, während sie als Kommunisten und Verschörungstheoretiker diffamiert werden. Ohne Namen zu nennen werden Verbindungen in die Spitzen der italienischen Politik angesprochen – die Mafia mit Schlips und Kragen durchzieht die ganze Gesellschaft. Doch auch in der Vergangenheit soll es Kooperationen mit auswärtigen Nachrichtendiensten im Rahmen der Strategie der Spannung gegeben haben.

Unreal Estate

Der HRE-Skandal und wer für die Krise zahlt
Kein passender Container <br/>Foto von chrishartmann
Kein passender Container Foto von chrishartmann

Fast schon satirisch ist der Rücklick auf den HRE-Skandal von Peter Roterhammer. Denn er läßt in dem ARD-Radiofeature die Akteure fiktive Kommentare sprechen, da diese das Gespräch mit der Presse meiden. Er versucht den Ablauf anschaulich zu rekonstruieren: Wie die Steuerzahler mit zweistelligen Milliardenbeträgen einstehen, die Anleger geprellt wurden, die Banken davonkommen, die Politik versagt und der Erfinder des Schneeballsystems der Depfa, Gerhard Bruckermann, ungestraft bleibt. Unklar sei die Konstruktion des Rettungsfonds; längst klar dagegen ist, wer für die Krise zahlt.

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