Presseschau Gesellschaft

Gaudi oder Trauerspiel?

Vom Boom des Pfandsammelns
Gaudi oder Trauerspiel?
Bild von Scoobay

Mittlerweile kennt sie wohl jeder: Meist ältere Damen und Herren, die mit ihren Einkaufstrolleys in Parks unterwegs sind oder die Mülleimer am Straßenrand abklappern. Immer auf der Suche nach Pfandflaschen oder -dosen. Selten sind die Folgen von Sozialabbau und Altersarmut so präsent in der Öffentlichkeit. Fast unmerklich hat sich in der allgemeinen Wahrnehmung aber ein gewisser Wandel vollzogen: Es überwiegen nicht mehr Verwunderung oder Empörung über solche Verhältnisse, wie Loidl bemerkt: »Flaschensammler werden häufig nicht mehr als Ausdruck des Versagens sozialer Sicherungssysteme gesehen, sondern als integraler Teil der Ausgeh- und Trinkkultur.« Gelegentlich wird das Ganze sogar als regelrechte Gaudi dargestellt, zum Beispiel in der Zeit.

Schattenwelt im Kleingedruckten

Über die Auswirkungen des Chemiecocktails in Kosmetika
Mit der Schrift beginnt das Gift: Inhaltsstoffe im Kleingedruckten
Mit der Schrift beginnt das Gift: Inhaltsstoffe im Kleingedruckten Bild von Cerro Mijares

Die Welt des Konsums verbirgt gerne ihre Schattenseiten im Kleingedruckten. Wenig wissen wir über die Herstellungsmethoden von Produkten. Ob in Textilien, Lebensmitteln oder Kosmetika, die Bestandteile kommen aus aller Welt. In vielen Lebensmitteln verbergen sich Chemikalien durch Herbizide und Pestizide, die auf Feldern und Plantagen versprüht werden. Eine weitere Quelle der schleichenden Vergiftung findet eine Sendung von NDR 45 min in Kosmetika, in denen sich viele Bestandteile finden, die in Europa eigentlich verboten sind. Doch diese Verbote werden durch die Produktion in China umgangen, der gesetzliche Schutz ist nicht ausreichend. Neben krebserregenden oder giftigen Stoffen finden sich viele Allergien auslösende Mittel, die aber völlig legal sind. Die Wirkung ist lediglich ansatzweise erforscht, so ist die hormonelle Wirkung einzelner Stoffe umstritten. Fakt ist aber, daß der Konsument von einem Cocktail von Chemikalien umgeben ist, die auf den menschlichen Körper einwirken – gewissermaßen eine Langzeitstudie mit ungewissem Ausgang. Die politische Kontrolle über Endprodukte der Chemieindustrie ist wenig effektiv.

Am Ende des Kompromisses

Die Bildungsproteste in Chile stellen den Status quo in Frage
Proteste in Chile 2011
Proteste in Chile 2011 Bild von DGTX

Chile ist seit dem Putsch 1973 ein gespaltenes Land. Daran hat auch die Rückkehr zur Demokratie 1989 wenig geändert. Denn das Land ist durch soziale Ungleichheit geprägt, die besonders im Bildungssytem sichtbar wird. Die Kosten für den Universitätsbesuch tragen maßgeblich die Studenten und ihre Familien. So sind es die Schüler und Studenten, die das politische System mit ihren Protesten nun in Frage stellen. Aus den Bildungsprotesten hat sich eine politische Bewegung entwickelt, die sich mit den sozialen Realitäten in dem neoliberalem Musterland nicht abfinden möchte. Die politische Klasse reagiert mit Zugeständnissen und Repression. Die Bewegung erinnert sich an die soziale Bewegung vor dem Putsch und fordert eine umfassende gesellschaftliche Veränderung, die über Reformen hinausgeht. Peter B. Schumann hat im Deutschlandfunk die Bewegung porträtiert, schildert ihre Forderungen und das politische Klima in Chile.

Das Wartehaus Europas

In Griechenland ist das Scheitern der europäischen Einwanderungspolitik unübersehbar

Razzien sind an der Tagesordnung, die Internierung in ungenutzte Militärlager ist vorgesehen. Die Lage für Flüchtlinge ist in Griechenland nach wie vor desaströs. Die hohe Zahl an Migranten bei einer fehlenden Struktur für die Aufnahme und einer katastrophalen Haushaltslage schürt die Stimmung für rechtsradikale Positionen. Wassilis Aswestopoulos zeigt jedoch den entscheidenen Hintergrund dieser zunehmenden Spannung auf: Das Dublin-II Abkommen läßt die Grenzstaaten der Europäischen Union mit der Einwanderungsproblematik allein. Denn Flüchtlinge müssen in dem ersten Land, in welches sie in der EU einreisen, Asyl beantragen. Dadurch sind ausgerechnet die Staaten von der Einwanderung betroffen, die von der Eurokrise am härtesten getroffen wurden. Im Niedriglohnsektor, in dem viele Einwanderer beschäftigt wurden, arbeiten zunehmend Einheimische. Die Unfähigkeit auf nationaler und europäischer Ebene eine neue Lösung der Probleme anzustreben, führt zum andauernden Bruch europäischer Verträge.

Fortlaufende Gewalt

Eine Dokumentation über die Geschichte des Rechtsterrorismus in Deutschland
Wehrsportgruppe Hoffmann
Wehrsportgruppe Hoffmann Bild von Indymedia

Rechsterrorismus in Deutschland, eine Überraschung? Diese Perspektive stellten Ende vergangenen Jahres viele Politiker dar. Doch die Vergangenheit spricht eine andere Sprache, wie ein hervorragender Rückblick auf die letzten vierzig Jahre von Rainer Fromm und Rolf-Axel Kriszun in der ARD aufzeigt. Eine Kontinuität von Morden, Anschlägen und Aktivisten der gewaltbereiten rechtsradikalen Szene überzieht Deutschland in den frühen 80er und 90er Jahren. Sie werden organisiert von teils paramilitärischen Gruppen, welche die Stimmung zu Pogromen anheizen. Schlüsselfiguren wie Manfred Roeder oder Friedhelm Busse organiseren trotz Verboten und Inhaftierungen immer wieder die rechte Szene. Gerade das Vergessen dieser alltäglichen Gewalt ermöglicht erst die fortlaufenden Serien von Anschlägen. Der Film verdeutlicht die Akzeptanz ausländerfeindlicher Stimmungen in der Gesellschaft, aus der gar Pogrome legitimiert werden. Weiterlesen … »

Trauermarsch in der Elbphilharmonie

Ein Negativbeispiel öffentlichen Bauens
Trauermarsch in der Elbphilharmonie
Bild von Marcus Horstbrink

Die Kräne stehen still, die Arbeiten an der Elbphilharmonie ruhen seit Herbst 2011 weitgehend. Ein solches Szenario hatte Ole von Beust wohl nicht vor Augen, als er von einer »Strahlkraft, weit über Hamburg hinaus« sprach. Beust setzte in seiner Zeit als Bürgermeister von Hamburg das Projekt eines Konzertsaals in dem neu entstehenden Hafenviertel durch. Nach der Grundsteinlegung 2007 entwickelte sich Streit zwischen der Stadt, dem Baukonzern Hochtief sowie den Architekten, die Kosten explodierten weit über das übliche Maß bei öffentlichen Bauprojekten. Durch zahlreiche Interviews spürt Verena Herb im Deutschlandfunk den Ursachen dieser Planungskatastrophe nach. Weiterlesen … »

Rosskur in der PS-Branche

Opel ist kein Einzelfall
Voll gegen die Wand gefahren: Opel
Voll gegen die Wand gefahren: Opel Bild von astrablog

Wieder einmal gerät Opel in die Schlagzeilen: Den Beschäftigten des Autobauers stehen drastischer Lohnverzicht, Auslagerungen und vermehrte Leiharbeit bevor. Damit soll offenbar die - bisher wenig erfolgreiche - Schrumpfkur der letzten Jahre fortgesetzt werden. In der vergangenen Dekade nahm die Zahl der Arbeitsplätze von 63.000 auf 40.000 ab. Gewerkschaft und Betriebsrat haben sich vehement gegen die Pläne des Managements gestellt: Zur Zeit durch eine Erklärung, nach der man nur gemeinsam über Einschnitte verhandle. Zuvor hatte die Konzernleitung versucht, die einzelnen Werke in separaten Gesprächen gegeneinander auszuspielen: Wer den Kürzungen nicht zustimme, verliere interne Produktionsaufträge.

Die Krise betrifft aber nicht allein Opel, sondern weite Teile der europäischen Autoindustrie. Viele Experten sind sich darin einig, dass es in Europa angesichts stagnierender oder sogar sinkender Nachfrage gewaltige Überkapazitäten gebe. Rund zehn bis fünfzehn Prozent der etwa 70 Fabriken seien überflüssig. Das beträfe dann insgesamt 250.000 Mitarbeiter. Eine ähnliche Rosskur haben die Unternehmen in den USA schon in den Jahren 2008-2010 hinter sich gebracht. Weiterlesen … »

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