Presseschau Arbeit & Einkommen

Christliche Untugend

Umkämpfte Arbeitnehmerrechte in den Kirchen

Immer wieder treten die christlichen Kirchen als Mahner für ein soziales Miteinander in der Gesellschaft auf. Geht es aber um ihre eigenen Beschäftigten, in Deutschland immerhin 1,3 Millionen Menschen, sieht es anders aus. Dank des sog. »Selbstordnungsrechts« haben diese wesentlich weniger Rechte als ihre Kollegen in anderen Einrichtungen: Sie dürfen nicht streiken, ihre Verträge werden nicht durch Gewerkschaften ausgehandelt, und die innerbetriebliche Mitbestimmung ist ebenfalls geringer. Das hat unter anderem erheblich geringere Löhne zur Folge. Die Gewerkschaft Verdi versucht daher mit zahlreichen Aktionen diesen Missstand speziell in der evangelischen Diakonie anzugehen – gegen den erklärten Widerstand der Kirchenoberen.

Dazugehören

Freiwilliges Engagement in den Niederlanden

Wohl mehr als in den meisten anderen Ländern gibt es im Nachbarland eine Kultur des Ehrenamtes. Die Stadt Deventer steht beispielhaft dafür, wie Rainer Nübel in seiner Reportage schreibt: Etwa 40 Prozent der Einwohner beteiligen sich an den vielfältigen Projekten. Dabei muss dieses Engagement keineswegs altruistisch sein. Vielmehr profitieren auch die Freiwilligen davon, bekommen Anerkennung und finden Sinn in ihrer Tätigkeit. So wird die Hilfe gelegentlich auch zur Selbsthilfe.

Cash garantiert

Die Schweiz könnte Vorreiter des bedingungslosen Grundeinkommens werden
Insel der Seligen? Zürcher See in der Schweiz
Insel der Seligen? Zürcher See in der Schweiz Bild von Ulysses Greene

Der Staat garantiert jedem Bürger ein festes Einkommen ohne Gegenleistung: Das bedingungslose Grundeinkommen wird quer durch alle politischen Lager kontrovers diskutiert. Die Befürworter sehen darin die logische Konsequenz aus dem Ende der Arbeitsgesellschaft, da eine fortschreitende Rationalisierung der Industrie ohnehin nicht ausreichend Arbeitsplätze garantiert; Bürokratien zur Verwaltung sozialer Transferleistungen würden wegfallen, diskriminierender Arbeitszwang ebenso. Doch gibt es auch Kritik: Neben der Vorstellung, daß weniger attraktive Arbeiten nicht mehr verrichtet werde, könne ein Rentenstaat mit Abhängigkeit vom Staat anstelle von verantwortungsvollen Bürgern entstehen. Kritik an den Einkommens- und Machtverhältnissen werde ruhig gestellt, Armut bei geringen Sätzen gar zementiert.

In der Schweiz streben die Befürworter des Grundeinkommens eine Volksabstimmung an: Verenea Meyer porträtiert im Tagesspiegel deren Sichtweise.

Gesellschaft gegen Staat

Ziviler Ungehorsam in Griechenland
Demonstration der Taxi-Fahrer am 18. Juli
Demonstration der Taxi-Fahrer am 18. Juli Bild von Piazza del Popolo

Die erste Protestwelle gegen die soziale Lage in Spanien ebbt ab, in Griechenland hat sich dagegen eine Vielfalt von Protestformen entwickelt. Die erzwungenen Sparmaßnahmen haben zu einer Wirtschaftskrise und einer spürbar gesunkenen Nachfrage geführt, so daß viele Geschäfte zur Aufgabe gezwungen sind. Ähnlich wie bei der Finanzkrise in Argentinien von 10 Jahren werden verschiedene Formen zivilen Ungehorsams erprobt: Dazu zählt die Verweigerung von Verkehrsgebühren, aber auch die Übernahme geschlossener Betriebe durch die Arbeitnehmer. Die breite Unterstützung des Widerstands gegen die Sparmaßnahmen zeigen eine tiefe Kluft zwischen Bevölkerung und Regierung auf. Weiterlesen … »

Töten als Beruf

Ein Schlachter bei der Arbeit
Töten als Beruf
Bild von Farm Sanctuary

Das Thema Fleisch wird in unserer Gesellschaft fast ausschließlich aus zwei Perspektiven betrachtet: Entweder der des Konsums oder jener der Tiere. Das Befinden des Fleischers kommt dabei merkwürdigerweise nie zur Sprache. Holger Fröhlich hat sich in einem Schlachthaus umgesehen. Und einen Mann getroffen, der seinen Lebensunterhalt mit dem Töten verdient.

Überraschendes kommt da ans Licht: Die Sensibilität eines Arbeiters, der seinen Beruf nicht liebt und dennoch viele Jahre damit verbracht hat. Der nach Feierabend Operetten hört. Und der eigentlich gerne Priester geworden wäre.

Leere Kirchen, volle Kassen

Die Finanzierung des Christentums in Deutschland
Leere Kirchen, volle Kassen

Die allseits bekannte Kirchensteuer trägt nur zu einem geringen Teil zur Finanzierung der christlichen Kirchen bei: etwa 10 Mrd. Euro. Schon dabei handelt es sich aber um eine indirekte Subvention, denn diese kann von der Einkommensteuer abgezogen werden. Weit gewichtiger ist aber, dass der Staat beispielsweise die Ausbildung von Theologen und die Entlohnung von Bischöfen und anderen Würdenträgern bezahlt – genauso wie den konfessionellen Religionsunterricht. Diese Zahlungen summieren sich auf ca. 15 Mrd. Euro jährlich.

Die sozialen Einrichtungen unter kirchlicher Trägerschaft wiederum werden zu mehr als 90% ebenfalls vom Staat finanziert. Kostenpunkt: gut 50 Mrd. Euro. Trotzdem gelten hier geradezu skandalöse arbeitsrechtliche Bestimmungen: Weder Betriebsräte noch Streiks sind zugelassen. Und das Gebot der Loyalität bedeutet, dass sich ein Angestellter der Kirchen weder wiederverheiraten kann noch sich öffentlich für Abtreibung aussprechen. Denn das hätte dann möglicherweise eine »verhaltensbedingte Kündigung« zur Folge. Weiterlesen … »

122.000.000.000.000 Dollar

Private Vermögen weltweit
122.000.000.000.000 Dollar
Bild von aresauburn

Dem Einbruch in der jüngsten Krise folgt ein neuer Aufschwung: Aktuell beträgt das weltweite private Vermögen 122 Billionen Dollar. Jeweils etwa ein Drittel davon konzentriert sich in Nordamerika und Europa – allerdings wächst der Reichtum in Asien und anderen Schwellenregionen besonders schnell. Ein Prozent der globalen Haushalte verfügt dabei über 39 Prozent der gesamten Werte. In Deutschland sehen diese Zahlen ähnlich aus: Das reichste Hundertstel der Bevölkerung besitzt etwa 25, das reichste Zehntel mehr als 60 Prozent des Nettovermögens.

Dass diese extrem ungleiche Verteilung weder gerecht noch sinnvoll ist, hat auch die Finanzkrise gezeigt. Zumal sie direkt zu einer sog. »Überakkumulation« im Finanzsektor führt, also einem überproportionalen Wachstum des investierten Finanzkapitals im Vergleich zur Realwirtschaft. »1980 waren Weltsozialprodukt und Finanzvermögen ungefähr gleich groß, 2006 war das letztere dreieinhalb Mal so groß wie ersteres.« Damit steigt aber der Konkurrenzdruck um Renditen und viele Investments erweisen sich als hochgradig spekulativ – Instabilität ist die logische Folge.

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