Presseschau

Olympia - Fluch oder Segen?

Zu den deutschen Bewerbungen um die Sommerspiele

Aktuell bringen sich Hamburg und Berlin in Stellung für eine mögliche Kandidatur als Ausrichter der olympischen Sommerspiele 2024 oder 2028. Noch sind weder die konkreten Vorgaben des IOC noch die Details der Bewerbungen fix. Aber einige Eckdaten sind verfügbar und die Fronten der Befürworter wie Kritiker formieren sich bereits.

Nach dem krachenden Nein der Wähler in München und Umland bezüglich der Winterspiele 2022 ist klar, dass der Frage der Bürgerbeteiligung wie überhaupt der Akzeptanz durch die Bevölkerung eine wichtige Rolle zukommt. Auch die Bewerbung Berlins für die Spiele 2000 scheiterte nicht zuletzt am mangelnden Rückhalt. Tatsache ist, dass sich bereits wieder ein breiter Widerstand gegen die Spiele in Berlin zusammenfindet.

Eng damit zusammenhängend ist die Frage der Kosten eines solchen Megaevents. Gut zwei Milliarden Euro veranschlagen beide Städte dafür. Allerdings gilt das nur für den Bau der Wettkampfstätten, die eigentliche Durchführung, Sicherheitsvorkehrungen, das olympische Dorf u. a. m. sind hier ausdrücklich noch nicht enthalten. Die Erfahrungen bisheriger Spiele zeigen jedoch, dass noch nie die ursprünglichen Budgets eingehalten werden konnten. Vielmehr haben sich die Kosten im Durchschnitt fast verdreifacht. Wobei sich der IOC dank seiner Verträge hier schadlos hält, die Gelder also von den Gastgebern aufgebracht werden müssen. Allerdings ist hoch umstritten, inwiefern diesen ausufernden Kosten positive Effekte gegenüberzustellen sind, beispielsweise im Tourismus. Viele dieser Auswirkungen sind schlicht nicht genau zu bestimmen - und damit auch kaum seriös zu diskutieren.

Frieden aus Schwäche?

Zum Zustand der ukrainischen Streitkräfte

In den letzten Tagen zeichnet sich ab, dass es in der Ukraine trotz einzelner anhaltender Gefechte zu einem dauerhaften Waffenstillstand und einer dringend erforderlichen politischen Lösung kommen kann. Diese positive Entwicklung basiert aber mutmaßlich auch auf einer strukturellen Schwäche der bewaffneten Kräfte Poroschenkos. Ein militärischer Sieg der Kiewer Regierung rückte zunehmend in weite Ferne.

Die Ursachen dafür sind vielfältig, wie eine aktuelle Studie zeigt. Dazu zählen die chronische Unterfinanzierung der ukrainischen Armee, die für einen solchen Konflikt schlicht nicht vorbereitet war. Hinzu kommt ein komplexes Gegeneinander der einzelnen bewaffneten Organe wie Armee, Inlandsgeheimdienst und Grenzschutz sowie ein Überlaufen einzelner Einheiten auf die Seite der Separatisten. Die grassierende Korruption im staatlichen Apparat verschärft die Probleme weiter. Besonders brisant sind die von einzelnen Oligarchen finanzierten Milizen. Diese entziehen sich nicht nur der Regierungskontrolle, sie verfolgen wohl auch die jeweilige Agenda ihrer Geldgeber. Damit könnten sie selbst im Fall einer dauerhaften Waffenruhe eine ernsthafte Gefahr für die innere Sicherheit und letztlich für die Demokratie werden.

 

Lobbyismus durch die Hintertür

Think Tanks als Politikflüsterer

Die Zahl der Lobbyisten in den wichtigsten Entscheidungszentren der Welt, etwa in Washington, Brüssel oder Berlin, geht in die Zehntausende. Diese große Konkurrenz um Einfluss und die wachsende Skepsis der Öffentlichkeit gegen solche Praktiken führt seit einigen Jahren zu einer neuen Vorgehensweise.

So berichtet die New York Times in einem ausführlichen Artikel, wie andere Staaten ihre Anliegen gegenüber der US-Regierung verstärkt indirekt vorbringen. Zahlreiche Länder finanzieren demnach Think Tanks in den USA mit Millionensummen. Formal, um Forschung zu bestimmten Themen zu fördern. Praktisch lässt sich aber häufig beobachten, dass die »Forschungsergebnisse« weitestgehend mit den Anliegen der Finanziers übereinstimmen. Beispielsweise, wenn ein Think Tank, bezahlt von den Golfstaaten, der US-Regierung eine langfristige Stationierung von US-Soldaten in der Region empfiehlt. Oder wenn eine andere Institution, die mehrere Millionen Dollar von Norwegen erhalten hat, die Förderung von Ölbohrungen in der Arktis gutheißt. Zwar bestreiten die Einrichtungen eine direkte Einflussnahme der Geldgeber auf die Forschung, aber das erscheint angesichts der Fakten als sehr unglaubwürdig:

The tens of millions in donations from foreign interests come with certain expectations, researchers at the organizations said in interviews. Sometimes the foreign donors move aggressively to stifle views contrary to their own.

»diszipliniert und bestraft«

Die Arbeitslosenverwaltung - eine Bestandsaufnahme

Für den Deutschlandfunk hat Reiner Scholz Betroffene, Behörden und Kritiker der deutschen Arbeitslosenverwaltung zu ihrer Meinung befragt. Herausgekommen ist dabei eine durchaus differenzierte Bestandsaufnahme. Von der Angst um die bloße Existenz ist die Rede, aber auch von Behördenwillkür, überlasteten Mitarbeitern und mangelnden Perspektiven. Etwa zehn Jahre nach der Einführung der sog. Hartz-Gesetze ist jedenfalls klar, dass die Reform daran gescheitert ist, Arbeitslosigkeit wirksam zu bekämpfen. Selbst Peter Hartz meinte schon 2007: »Herausgekommen ist ein System, in dem die Arbeitslosen diszipliniert und bestraft werden.« Man mag sich freilich darüber streiten, ob nicht genau das - und eben nicht die Hilfe für die Erwerbslosen - der eigentliche Zweck der Neurordnung war.

Von Mietern und Maklern

Eine Reportage

Gentrifizierung, Sanierungen, Zwangsräumungen und andere Begriffe sind mittlerweile in Berlin in aller Munde. Was das konkret bedeutet, wie individuelle Lebenslagen damit verknüpft sind, das zeigt sehr anschaulich eine Reportage der ARD. Sie beleuchtet dabei verschiedene Aspekte des Immobilienmarkts und lässt ganz unterschiedliche Akteure mit ihren Ansichten zu Wort kommen - betroffene Mieter und Anwohner ebenso wie Makler und Investoren sowie Wissenschaftler und Politiker. So entsteht ein differenziertes, facettenreiches Bild einer dynamischen Entwicklung, die letztlich jeden Berliner betrifft.

Ohne Strom

Zum Bürgerkrieg in der Ukraine

Ein in den Diskussionen zum Bürgerkrieg in der Ukraine etwas unterbelichtetes Thema ist bislang die ökonomische Lage. Dabei steht die Ukraine vor dem Kollaps. Einerseits ist das bedingt durch die Zerstörungen im Verlauf der Kämpfe, andererseits durch den maroden Staatshaushalt und die gestoppten Lieferungen aus Russland. Vor allem die Energieversorgung wird wohl auf Jahre hinaus schwierig bleiben.

Schottische Unabhängigkeit - wozu?

Ein Diskussionsbeitrag

Im September steht das Referendum über die schottische Unabhängigkeit an. Der Befürworter Neal Ascherson zählt eine Reihe von Gründen auf, die dafür sprechen. So glaubt er beispielsweise, soziale Errungenschaften in einem schottischen Staat besser schützen zu können. Außerdem argumentiert Ascherson, die Befürworter seien vielfach eher von Labour enttäuschte Wähler als wirkliche Unterstützer der nationalistischen SNP. Und schließlich wäre mit der Unabhängigkeit ein Verbleib in der EU sicherer - ein gerade in Zeiten der europäischen Krise vielleicht überraschendes Argument. Insgesamt ein sicher kontroverser, aber doch lohnender Text über ein in Deutschland wenig wahrgenommenes Phänomen.

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