Presseschau Beitrag

Scheinbare Offenheit

Der Bundesnachrichtendienst tastet sich an seine dunkle Geschichte heran
Modell des neuen Hauptquartiers in Berlin Mitte
Modell des neuen Hauptquartiers in Berlin Mitte Bild von Cornelius Bartke

Verschwiegenheit gilt als ein Prinzip des Nachrichtendienstgeschäfts. Doch der deutsche Bundesnachrichtendienst hat auch Gründe seine Vergangenheit im Dunkeln zu lassen, die nicht geschäftlicher Natur sind. Schließlich geht die Gründung auf Reinhard Gehlen zurück, der als vormaliger Chef des Wehrmachts-Nachrichtendienstes Fremde Heere Ost sich und seine vorsorglich versteckten Akten den Amerikanern anbot. Sein Kalkül, sich auf Seiten der Amerikaner in den Kalten Krieg zu retten, ging voll und ganz auf. Im Schlepptau band er in die neu geschaffene Organisation Gehlen, dem Vorläufer des BND, zahlreiche Wehrmachts-Offiziere und Nazis ein. Erst in den letzten Jahren wurde bekannt, daß auch international gesuchte Kriegsverbrecher zu den Agenten Pullachs gehörten. Der Journalist Ulrich Chaussy, der sich bereits seit längerem mit den Winkelzügen des Kalten Krieges beschäftigt, versucht für das ARD-Radiofeature eine Annäherung an die Geschichte des Dienstes.

Der Bundesnachrichtendienst gibt sich seit neustem offener und bemüht sich um die Aufarbeitung seiner Geschichte. Doch dies kann nicht darüber hinwegtäuschen, wie Chaussy erkennen muß, daß diese Offenheit nur die Fassade betrifft. So beteuert der BND, noch unter Gehlen seien einige Nazis aus dem Dienst entfernt worden. Doch als echte Entnazifizierung kann dies kaum gelten, vielmehr diente dieser Akt der Entfernung erpressbaren Personals. Dagegen wurden viele Akten geschreddert, so daß viele Kapitel womöglich dort bleiben, wo sie die Nachrichtendienstler am Liebsten sehen: im Dunkeln.