Presseschau Ungarn

Abriß der Säulen der Demokratie

Neue Medienbehörde in Ungarn sieht Überwachung der Presse vor

Befürchtungen, die rechtspopulistische Fidesz-Partei werde in Ungarn ihre Zweidrittelmehrheit im Parlament dazu nutzen, die Demokratie auszuhebeln, scheinen sich nun zu bestätigen: Per Gesetz wurde eine Medienbehörde geschaffen, um zu überwachen, ob die Berichterstattung der Medien einem undefinierten »allgemeinen Interesse« entspricht. Bei Zuwiderhandlung drohen horrende Strafzahlungen. Ungarns Presse kritisiert diese Zensur ebenso wie die OSZE. Ein Abschied von der Pressefreiheit scheint einen Konflikt mit der Europäischen Union herauszufordern — indes, Ungarn übernimmt demnächst den Ratsvorsitz. Die EU hat sich bislang zu Demokratiedefiziten ihrer Mitgliedsstaaten äußerst passiv verhalten. Weiterlesen … »

Sprung in die Vergangenheit

Die Wahlen in Ungarn zeichnen die politische Landkarte Ostmitteleuropas neu
Die paramilitärische Ungarische Garde (Magyar Gárda) bedroht Roma und Juden
Die paramilitärische Ungarische Garde (Magyar Gárda) bedroht Roma und Juden

Europa ignoriert, wie Ungarns neue Regierung nationalistische Brandstiftung betreibt, meint Susanne Scholl in den Salzburger Nachrichten. Das Land hatte bei den jüngsten Wahlen den größten Rechtsruck in Europa erfahren: Die rechtspopulistische Fidesz von Viktor Orban erhielt eine Zweidrittelmehrheit, mit der sie die Verfassung ändern kann, daneben erhielt die rechtsextreme Jobbikpartei 12% der Stimmen. Die neue Fidesz-Regierung erließ ein Gesetz, welches den ungarischen Minderheiten in den Nachbarländern die ungarische Staatsbürgerschaft ermöglicht; daraufhin erließ das slowakische Parlament ein Gesetz, welches ihre Staatsbürger in diesem Fall ausbürgert. Weiterlesen … »

Die neuen Populisten

Entwicklungen der Rechtsextremen in Europa
Jean-Marie Le Pen von der Front National <br/>Foto von Neno°, Flickr
Jean-Marie Le Pen von der Front National Foto von Neno°, Flickr

Auf dem internationalen Medienportal presseurope erscheint eine Serie über Rechtsextremismus. Marion Van Renterghem unterscheidet in der Le Monde verschiedene Entwicklungen: Während in Osteuropa ein klassischer Faschismus die Regel sei, habe sich im Westen ein neuer Typ des Populismus herauskristallisiert – dieser baue auf nationale und regionale Identität und versuche sich vom Begriff des Extremismus zu lösen. Vorbild sei der alpine Populismus der österreichischen FPÖ. Ein Beitrag in der Libération analysiert den Erfolg der Front National bei den französischen Kommunalwahlen.

Herrschaft im Osten

Neues Medienkartell in Ostmitteleuropa
Springer-Sitz in Berlin <br/>Foto von dalbera
Springer-Sitz in Berlin Foto von dalbera

Zwei der mächtigsten Medienkonzerne Europas, Springer und Ringier, wollen ihr Geschäft in Polen, Tschechien, Ungarn, Serbien und in der Slowakei in ein neues Gemeinschaftsunternehmen zusammenlegen: der Mediendeal des Jahres. Claudia Tieschky referiert in der Süddeutschen Zeitung das komplexe Vorhaben, das unter kartellrechtlichen Vorbehalten zu betrachten sei; in der deutschen Öffentlichkeit ist der enorme Einfluß von Springer in der Region wenig bekannt. Die neue Fusion sei ein Ausweichen vor dem deutschen Bundeskartellamt:

Das Auslandsgeschäft ist für Springer auch deshalb wichtig, weil der Konzern in Deutschland längst an seine kartellrechtlichen Grenzen gestoßen ist.

Die Fusion orientiere sich an höheren Wachstumsaussichten. Zudem sei das Digitalgeschäft ein wichtiger Aspekt, schreibt die Financial Times Deutschland.

Rechte Renaissance

Ein Buch über den Neofaschismus in Ungarn
Plakate der ungarischen Jobbik-Partei <br/>Foto von Jo Peattie
Plakate der ungarischen Jobbik-Partei Foto von Jo Peattie

In Ungarn formiert sich mit wachsendem Erfolg eine rechtsradikale Bewegung. Ihr politischer Arm »Jobbik« wurde bei den EU-Wahlen drittstärkste Kraft. Gleichzeitig wurde mit der Ungarischen Garde eine Miliz aufgebaut, die vor allem in ländlichen Regionen auftritt.

Neben christlich-konservativen Werten steht die Bewegung für die Wiederkehr eines Großungarn in den Grenzen von vor 1919; daneben profiliert sie sich mit Aktionen gegen die Minderheit der Roma. In vielerlei Hinsicht bedient sie sich offen der Symbolik und Ideologie des Faschismus.

In der österreichischen Zeitung Die Presse ist nun ein Vorabdruck aus »Aufmarsch. Die rechte Gefahr aus Osteuropa« der beiden Autoren Gregor Mayer und Bernhard Odehnal erschienen.

Alte Ressentiments leben auf

Die Roma in Europa werden immer stärker stigmatisiert
Romajunge im Kosovo <br/>Foto von Magne Haagen
Romajunge im Kosovo Foto von Magne Haagen

Die taz hat einem Thema seinen Schwerpunkt gewidmet, das vielen Ländern Europas in Ost und West gemein ist: Ressentiments und Hass auf Roma und Sinti. In Italien gibt es agressive Proteste gegen Camps, Deutschland möchte gern alle Roma aus dem Kosovo abschieben, wo Roma in Mitrovica unter erbärmlichen Bedingungen leben müssen, während es in Ländern wir Rumänien aufgrund der Ressentiment fast unmöglich ist, einen Arbeitsplatz zu bekommen. Der Schwerpunkt der Romabevölkerung findet sich in Südosteuropa, wo die Ressentiments von breiten Teilen der Bevölkerung getragen werden. Die UN-Hochkommisarin für Menschenrechte versuchte mit einer Rede auf die Probleme aufmerksam zu machen.

Nationalismus ohne Grenzen

Die internationale Zusammenarbeit und zunehmende Gewaltbereitschaft der Rechtsextremen in Europa

Carsten Hübner, Aktivist bei Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten betreibt den umfangreichen Blog »EUROREX Watchblog« zu Rechtsextremismus in Europa. In zwei Beiträgen berichtet er über die zunehmende Militarisierung und internationale Zusammenarbeit der rechtextremen Szene. Insbesondere die »Ungarische Nationale Front« (Magyar Nemzeti Arcvonal, MNA) betrachte sich als Avantgarde und führe paramilitärische Übungen mit deutscher Beteiligung durch.

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