Presseschau Europa

Im Zentrum des Geldes

Die Londoner City
Die "City"
Die "City" Bild von Ben Sutherland

Die »City of London« ist eigentlich nur ein kleiner Flecken Erde, rund eine Quadratmeile Land im Stadtzentrum. Dennoch ist sie von immenser Bedeutung: Hier werden Devisen, Versicherungen und Derivate gehandelt, Börsengänge vorbereitet und etwa 50 Prozent aller weltweiten Aktienkäufe getätigt. All das ermöglichte auch die besondere Stellung innerhalb des britischen Staates. Denn schon seit dem Mittelalter gelten Selbstverwaltungsregeln, die der City einen quasi autonomen Status verschafften. Diese demokratischen Regeln haben sich freilich längst in ihr Gegenteil verkehrt: Unternehmen können bei Wahlen mit abstimmen, entsprechend der Zahl ihrer Angestellten. Damit wurde die Lokalverwaltung zur vielleicht einflussreichsten Lobbyorganisation des Landes. Die gescheiterte Regulierung des britischen Finanzsektors nach der Krise beweist, wie mächtig diese Branche nach wie vor ist.

Großer Sprung zurück

Eine Fallstudie zum Staatsumbau in Ungarn
Gerade auf dem Land ist die Situation in Ungarn schwierig
Gerade auf dem Land ist die Situation in Ungarn schwierig Bild von Ken Owen

Der Umbau Ungarns zu einem autoritären Staat ist weit fortgeschritten, neue Gesetze schränken die Medienfreiheit und das Verfassungsgericht ein. Doch welche Konsequenzen hat das konkret? Spiegel Online stellt drei Menschen vor, die mit dem neuen Ungarn zu kämpfen haben: Eine Journalistin, die aufgrund ihrer kritischen Reportagen ihre Arbeit verlor. Eine Romafamilie in Gyöngyöspata, die trotz guter Ausbildung keine Arbeit findet und der Diskriminierung in der rechten Hochburg ausgeliefert ist. Eine Bürgerrechtlerin, die gegen die Ausgrenzung der Roma in den Schulen kämpft.

Gerade auf dem Land ist die Situation am rückständigsten: Da viele hier nur das Staatsfernsehen sehen, wirkt die Zensur in den Medien. Armut und Abgrenzung geben sich hier die Hand. Gyöngyöspata ist durch wochenlange Aufmärsche von Rechtsradikalen bekannt geworden, bei denen die Regierung nicht einschritt. Vielmehr setzt die Regierung Vorschläge der Jobbik-Partei um. Die dargestellte Situation erinnert an den Film Csak a szél (Nur der Wind), der auf der Berlinale den Großen Preis der Jury gewann und die alltägliche Diskriminierung der Roma thematisiert. Der Staatsumbau unter Victor Orban ist ebenso schleichend wie die alltägliche Diskriminierung nicht auf den ersten Blick sichtbar wird.

Dazwischengefunkt

Unabhängige öffentlich-rechtliche Sender?

Vielleicht ist es ja trotz anderslautender Bestimmungen im Grundgesetz nicht verwunderlich: Die Parteien versuchen erfolgreich, die einflussreichen öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten unter Kontrolle zu bringen. Besonders über »ihre« Anhänger in den Verwaltungsräten. Dort wird über wichtige Fragen der Sender entschieden, nicht zuletzt auch über das Spitzenpersonal.

Seit dem spektakulären Fall Nikolaus Brenders beim ZDF ist es aber wieder stiller geworden um dieses Problem. Es besteht aber noch immer. Mittlerweile mischen auch die Grünen eifrig mit, obwohl sie lange die schärfsten Kritiker dieses Systems der Parteibuchkarrieren waren. Das könnte natürlich daran liegen, dass sie über ihre grün-rote Landesregierung in Stuttgart ebenfalls Zugriff auf die begehrten Posten bekommen haben.

»Minimalbeschreibung eines Bürgerrechtlers«

Gaucks Rolle in der DDR ist zweifelhaft: Den einen ist er Freiheitskämpfer, den anderen ein IM
Im Rampenlicht, aber nicht ausgeleuchtet: Gauck zu Besuch bei der FDP, die seine Präsidentschaft durchsetzte
Im Rampenlicht, aber nicht ausgeleuchtet: Gauck zu Besuch bei der FDP, die seine Präsidentschaft durchsetzte Bild von FDP

Joachim Gauck ist neuer Bundespräsident. Die urspünglich taktische Aufstellung des Pastors und späteren Verwalters der MfS-Akten durch die Oppostion 2010 hat sich durch das Votum der FDP 2012 verselbstständigt. Der Schritt ins Rampenlicht hat zugleich die Frage losgetreten, wie die Rolle Gaucks in der DDR zu bewerten ist. Zugleich steht er aufgrund von Äußerungen zur Einwanderung und der deutschen Vergangenheit in der Kritik. So greift Andreas Strippel die Bezeichnung Gaucks in vielen Medien als Bürgerrechtler oder gar als Freiheitskämpfer an. Dies sei nach den Aussagen damals Oppositioneller nicht richtig, denn er habe sich in der Friedensbewegung nicht eingebracht. Er sei zwar Gegner des »autoritären Polizeistaat[es] DDR« gewesen, dies mache ihn aber noch nicht zu einen Streiter für Freiheit. Vielmehr sei sein Freiheitsbegriff eindimensional und unscharf:

Weder ist Gauck ein Befürworter eines liberalen Individualismus, noch profiliert er sich als Kritiker autoritärer Tendenzen in der westlichen Demokratie.

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Kind des Kalten Krieges

Die Pleitengeschichte des Verfassungsschutzes und die Frage nach seiner Zukunft
Das Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln
Das Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln Bild von BfV

Wolfgang Gast richtet im Cicero sein Augenmerk auf den Verfassungsschutz; denn durch den Fall der aufgedeckten Mordserie steht die Frage im Raum, wie diese den Behörden entgehen konnte. Dem Autoren fällt wenig Schmeichelhaftes für den Dienst ein, der auf eine lange Pannenserie zurückblicken kann. Der Fehler liege in der Architektur:

Ihre Unfähigkeit, die Bedrohung von rechts genauso ernst zu nehmen wie die von links, erklärt sich aus der Geschichte der Dienste. Seit ihrer Gründung verstanden sich die geheimen Spionagejäger und Verfassungshüter als Soldaten des Kalten Krieges im geteilten Deutschland – und da saß der Feind eben links.

Besonders drängend sei dabei die Frage nach den V-Personen der Dienste. Diese haben das NPD-Verbotsverfahren verhindert und immer wieder die Grenze der Legalität weit überschritten. Die aktuelle Debatte durch die Untersuchungsausschüsse läßt Gast vorsichtig auf Reformen hoffen. Auch in den Diensten gab es Reformer, die aber kalt gestellt wurden. Die entscheidene kritische Erkenntnis des Autoren aber ist, daß der Verfassungsschutz ein Kind des Kalten Krieges ist.

Wahlkampfrenner Millionärssteuer

Wird François Hollande den Sozialismus einführen?

Zumindest eines ist sicher: Hollande, Kandidat der französischen Sozialisten für die anstehenden Präsidentschaftswahlen, hat ein Gespür für Themen. Die Millionärssteuer dürfte darauf zurückzuführen sein. Angesichts klammer öffentlicher Kassen und immer noch bestehender Finanzspekulation ist die Idee ohne Zweifel populär. Franzosen mit mehr als einer Million Euro Jahreseinkommen sollen künftig 75 Prozent Einkommensteuer bezahlen. Wie so oft, steckt aber auch hier der Teufel im Detail. Denn tatsächlich betrifft das nur schätzungsweise 7.000 bis 30.000 Personen. Und selbst die könnten sich durch Abschreibungen arm rechnen, für ihr Einkommen unter dieser Schwelle würden sie ohnehin deutlich weniger zahlen. Der Umverteilungseffekt dürfte sich also sehr in Grenzen halten. Abgesehen davon liest sich Hollandes Programm sowieso nicht gerade revolutionär: Ein bisschen weniger sparen, eine Prise mehr Dezentralisierung - et voilà. Die von Sarkozy durchgesetzte Einbindung in die NATO beispielsweise soll dagegen beibehalten werden.

Byzantinische Ränkespiele in Rom

Indiskretionen im Vatikan zeugen von harten Machtkämpfen
Byzantinische Ränkespiele in Rom
Bild von Michal Osmenda

Wer hätte das gedacht: Die verfeindeten Fraktionen im Vatikan nutzen die Öffentlichkeit, um durch geleakte Papiere ihre Streitigkeiten auszutragen. So landete bei der italienischen Zeitung Il Fatto Quotidiano ein Papier vom 30.12.2011, in dem der sizilianische Kardinal vom sicheren Tod des Papstes in diesem Jahr munkelt: »Der Heilige Vater befasse sich im Geheimen mit der Frage seiner Nachfolge«, für die er den Mailänder Kardinal Angelo Scola vorgesehen habe. Zwar ist das Papier authentisch, doch der Inhalt mag zu einem Intrigenspiel gehören, das sich gegen den Sekretär des Papstes Tarcisio Bertone richtet. Souverän spürt Jörg Bremer für die FAZ den komplexen Machtverhältnissen im Kleinstaat Vatikan nach. Dazu bietet Stefan von Kempis vom Vatikanradio im Deutschlandfunk einige Grundlektionen der Welt rund um den Petersdom. Weiterlesen … »

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